Was ist ein Bändchenmikrofon?
Von Felix Baarß
Was ist ein Bändchenmikrofon?
Hier erfährst Du, wie ein Bändchenmikrofon (englisch: »ribbon microphone«) funktioniert, welche Vorteile es bietet und wann Du vielleicht doch lieber auf einen anderen Mikrofontyp zurückgreifen solltest. Das Bändchenmikrofon steht für einen warmen, weichen Sound und gewinnt wieder zunehmend an Beliebtheit.
Dynamisches Mikrofon & Kondensatormikrofon komplettieren das Trio
Richtcharakteristik
Die klassische, durch die Aufhängung der Membran bedingte Richtcharakteristik von einem Bändchenmikrofon ist die Acht – von vorne und hinten wird der Sound optimal (über den größtmöglichen Übertragungsbereich des Mikrofons hinweg) aufgenommen, während Klänge von den Seiten (90° und 270°) weitestgehend außen vor bleiben.
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Aus einem dieser beiden »toten Winkel« sollte beim Homerecording beispielsweise das Lüfterrauschen deines Computers kommen, damit es nicht bzw. so leise wie möglich zu hören ist.
Es gibt aber auch Bändchenmikrofone mit anderen Richtcharakteristika – zum Beispiel Hyperniere, siehe beyerdynamic M160 Testbericht.
Warum ein Bändchenmikrofon nutzen?
1. »Weichere« Höhen als bei einem Kondensatormikrofon
Der Grund für ein Bändchenmikrofon schlechthin. Für geschmeidigen, warmen, weichen Sound ist es oft eine gute Wahl und stellt eine Alternative zum klassischen höhenbetonten, manchmal zu »spitzen« und »digital« klingenden Kondensatormikro dar.
2. Mehr Höhen als bei einem Tauchspulenmikrofon
Bei einem typischen Bändchenmikrofon ist der Sound höhenreicher und brillanter als bei einem durchschnittlichen dynamischen Mikrofon mit Tauchspule. Das ist natürlich kein kein Wettbewerbsvorteil per se, muss jedoch als klassisches Unterscheidungsmerkmal erwähnt werden.
3. Gutes Impulsverhalten
Die federleichte Membran schwingt reaktionsschneller beim Auftreffen des Schalls als bei vielen Tauchspulenmikrofonen – das führt zu einem guten Impulsverhalten, also einer akkuraten, weitgehend detailtreuen Übertragung von »zackigen«, Transienten-reichen Signalen aller Art.
4. Keine Phantomspeisung nötig
Anders als ein Kondensatormikrofon benötigen die allermeisten dynamischen Exemplare – darunter auch das klassische Bändchenmikrofon – keine Phantomspeisung. So kannst Du auch Vorverstärker, Mischpulte und Audio Interfaces nutzen, bei denen sich keine Phantomspannung anlegen lässt. Zugegeben: Geräte, bei denen das der Fall ist, sind eher rar gesät.
Einige Bändchenmikros sind mit einer aktiven Elektronik ausgestattet (z.B. siehe hier: Royer R-122 MKII Testbericht und Rode NTR Testbericht) – sie leisten selbst einen Teil der Vorverstärkung und hierfür ist eben doch wieder Phantomspeisung nötig.
Warum KEIN Bändchenmikrofon nutzen?
1. Nicht so robust wie ein Tauchspulenmikrofon
Ein typisches Bändchenmikrofon reagiert empfindlich auf Wind bzw. starke Atemstöße bei Sprache/Gesang oder Blasinstrumenten sowie auf schnelle Bewegungen und Erschütterungen. Im Vergleich zu einem Tauchspulenmikrofon eignet sich also nicht als Handmikrofon für die Bühne, für raue Witterungsbedingungen oder starke mechanische Beanspruchung.
Wie so oft gibt es Ausnahmen – abermals sei der Hersteller beyerdynamic erwähnt, der tatsächlich ein bühnentaugliches Handmikrofon entwickelt hat. Generell hat sich die Heilbronner Traditionsschmiede um die Fortentwicklung der Kategorie Bändchenmikrofon verdient gemacht hat. Gibt es weitere Beispiele? Dann freuen wir uns über deinen Hinweis.
2. Leiseres Ausgangssignal
Bändchenmikrofone, die nicht über eine aktive Elektronik verfügen (siehe oben), geben ein recht schwaches Signal aus. So sind kräftige Vorverstärker nötig, um beim Recording Pegel zu erzielen, die deutlicher über dem Grundrauschen liegen. Wenn ein Vorverstärker zum Beispiel nur +45 dB liefert, wird es schon sehr knapp.
Das Bändchenmikrofon und seine Begleiterscheinung
Ein Aspekt hätte sowohl im Pro- als auch im Contra-Abschnitt stehen können: Kommt das Bändchenmikrofon ganz klassisch mit einer Achtercharakteristik daher, ist der Nahbesprechungseffekt entsprechend stark ausgeprägt. Will heißen: Bei einem geringen Abstand zum Mikrofon wird der Sound sehr basslastig – das fällt bei einem Bändchenmikrofon besonders auf, da der Klang ohnehin schon zum Tieftonlastigen tendiert.
Das kann sehr erwünscht sein, um »dünn« klingende Sprachaufnahmen kraftvoller zu machen. Für Gesang könnte das aber zu heftig klingen – im Mix könnte eine zu basskräftige Gesangsstimme jenen Instrumenten den Platz streitig machen, die in der Musikproduktion klassischerweise für das Tieftonfundament sorgen sollen (E- bzw. Synth-Bass, Kick Drum etc.).
Fazit
Mit einem Bändchenmikrofon bekommst Du in der Regel einen vergleichsweise weichen, warmen Sound, bei dem die Sibilanten (Zischlaute in Sprachaufnahmen) noch am ehesten gezügelt bleiben. Der Gegenentwurf dazu ist das vergleichsweise brillant tönende Kondensatormikrofon.
Folgendes muss jedoch mit allem Nachdruck betont werden: Auch viele Mikrofone mit Kondensator- oder Tauchspulentechnik können einen warmen, smoothen Sound liefern. Umgekehrt können auch gute, moderne Bändchenmikrofone genug Brillanz liefern. Wie so oft in der Audiotechnik gibt hier keine einfachen Antworten. Insofern wünschen wir gutes Gelingen beim Sammeln deiner eigenen Erfahrungen mit Mikrofonen aller Couleur und hoffen, dass wir dir ein paar nützliche Hinweise mit auf den Weg geben konnten.
Nutzt Du ein Bändchenmikrofon? Wenn ja, welches? Und wofür? Für welche Klänge gefällt es dir besonders gut und wo eher nicht? delamar lebt von deinem Feedback, also schnapp dir die Tastatur und lasse es uns wissen! :)