Sound and Music Production studieren
Hochschulprofessor Moritz Bergfeld im Interview

Berufswunsch
Die Hochschule Darmstadt lehrt am Mediencampus in Dieburg in einem grundständigen Studiengang Musikproduktion

Alexander Schölzel Von Alexander Schölzel am 11. Dezember 2017

Interview mit Professor Moritz Bergfeld

Viele Eltern werden wahrscheinlich die Hände über den Köpfen zusammenschlagen, wenn das Kind den Wunsch äußert, einen kreativen Weg zu beschreiten, nämlich den in einem musikalischen Milieu.

Doch es gibt Perspektiven und vor allem auch seriöse Bildungsangebote, die staatlich eingebettet fundiertes Wissen und unablässige Schlüsselkompetenzen in diesem Bereich vermitteln. Hochschulprofessor für Musikproduktion Moritz Bergfeld stand mir zu all den Widrigkeiten und Freuden dieses Bildungsfeldes Rede und Antwort.

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Moritz Bergfeld, Professor für Musikproduktion

Herr Bergfeld, wie wird man eigentlich Professor für Musikproduktion?

In meinem Fall: Ich bin gefragt worden vom früheren Dekan des Fachbereiches, Prof. Norbert Krier, der für den Aufbau des Studienganges Media Production Leute gesucht hat, die gut in der Industrie vernetzt waren – und trotzdem in der Region verankert.


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Wie gestaltete sich Ihr Einstieg in die Musikindustrie und wie kamen Sie in die Lehre?

Schon während des Studiums habe ich das Glück gehabt, als künstlerischer Aufnahmeleiter für klassische Musik Erfahrungen sammeln zu dürfen, bald nach dem Examen haben wir eine Produktionsfirma gegründet und eigentlich immer seitdem viel zu tun gehabt. Zur Lehre bin ich über die Anfrage der Uni Mainz gekommen, die einen Lehrauftrag für musikalische Akustik besetzen wollten. Das hat mir von Anfang an viel Spaß gemacht – und zwar besonders die Zusammenarbeit mit den Studierenden.

Wie lange lehrt die h_da bereits Musikproduktion?

Seit es den Studiengang Sound and Music Production (SMP) gibt, also seit etwa vier Jahren.

Was waren die Beweggründe, einen solchen Studiengang ins Leben zu rufen?

Wir wollten neben der Musikproduktion gleichberechtigt interaktive Audioproduktion, Theorie der Schallausbreitung, Sprach- und Radioproduktion sowie Sound für Games und Filme in einem Studiengang vereinen, um den Absolventen einen breiten Qualifikationshintergrund im Audio-Bereich und somit gute Berufschancen zu verschaffen.

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War es schwierig einen solchen Studiengang akkreditieren zu lassen?

Gemeinsam mit den Kollegen der Studiengänge Animation & Game und Motion Pictures konnten wir das ganz gut realisieren. Unser Dekanat und auch die Hochschulleitung hat uns sehr unterstützt, besonders denke ich hier an die Kollegen Prof. Söller-Eckert und Prof. Dr. Steinmetz.

Für wen eignet sich das Studium Sound and Music Production an der h_da?

Für alle, die gerne Musik, Musikproduktion und die Auseinandersetzung mit Klängen, Klangdramaturgie und Audioproduktion zu einem wesentlichen Teil ihres Berufslebens machen möchten.

Welche Voraussetzungen sollten Bewerber mitbringen und wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die h_da-eigenen Auswahlverfahren?

Man sollte sein Abiturwissen in Mathematik und Physik parat haben, ein Instrument gut spielen können und eigene Ideen in der Welt der Klänge haben. Große Vorkenntnisse im Sinne von eigener Produzententätigkeit sind nicht nötig.

Bedarf es hoher musikalischer Vorkenntnisse oder stehen eher die technischen Aspekte im Vordergrund?

Ein wenig Musiktheorie kann nicht schaden, auch ein wenig Hintergrundwissen zur Musik- und allgemein zur Kunst- und Literaturgeschichte erwarten wir von unseren Bewerbern – allerdings nichts Außergewöhnliches. Grundlagen der Audiotechnik darf man gerne mitbringen, unbedingt notwendig ist das aber nicht, vor allem, wenn die mathematischen Grundlagen vorhanden sind.

Fördert dieses Selektionssieb die geeignetsten Bewerber zu Tage oder bedarf es einer (gelegentlichen) Anpassung/Überholung des Zulassungsverfahren?

Wir führen zusätzlich zur schriftlichen Prüfung und zu den Audiobeispielen, die jeder einreicht, mit jedem Bewerber ein Gespräch und wir nehmen uns dafür Zeit. So können wir die jeweiligen fachlichen Voraussetzungen am Ende gut einschätzen.

Wie würden Sie zweifelnde Eltern vom Studiengang überzeugen?

Das kommt auf die Töchter und Söhne und auf ihre Präferenzen und Begabungen an.

Worauf legt das Studium besonderen Wert, wie gestalten sich die Schwerpunkte?

Das Spektrum des Studiengangs erstreckt sich von technischen und akustischen Grundlagen der Sounddesign- und Musikproduktion, über komplexere Themen aus allen Bereichen der algorithmischen/digitalen Klangbearbeitung sowie Musik- und Sounddesignproduktionen. Dabei wird stets besonderen Wert auf die Projektorientierung gelegt. Ebenso wird Wissen im Rahmen von theoretischen Veranstaltungen und Wahlpflichtkursen vermittelt.

Der berufliche Einstieg in die Musikbranche gestaltet sich zunehmend schwierig. Wie schätzen Sie die späteren Chancen Ihrer Absolventen auf dem Arbeitsmarkt ein?

Das ist erstens die Frage, zweitens bilden wir ja junge Menschen für sehr viel mehr Arbeitsfelder aus als »nur« für die Musikproduktion – und drittens, auch wenn es ein Klischee sein mag: gute Leute werden immer gebraucht. Man muss eben gut sein. (Und natürlich: Nicht jeder Gute findet sofort auch einen guten Job, das ist klar…)

Immer mehr private Institute bieten Ausbildungen im Audio-Sektor an. Sehen Sie als staatliche Einrichtung private Anbieter als große Konkurrenz?

Unser Studiengang hat so, wie er aufgebaut ist, keine Konkurrenz im privaten Sektor. Die hier sehr prominente SAE beispielsweise ist ausschließlich im so genannten U-Musikbereich tätig.

Worin liegen die Vorteile einer staatlichen Ausbildung im Vergleich zum privaten Sektor?

In der Seriosität des Angebotes. Bei uns zahlen die Studierenden nicht für eine Ausbildung, die später als privater Abschluss nicht besonders angesehen ist. Wenn man die Studiengebühren bei privaten Instituten in unserem Bereich als Investment ernst nimmt, müsste man dringend abraten. Bei uns werden außerdem die Dozenten im Vergleich viel besser bezahlt und entsprechend gute Lehre können wir anbieten.

Oft wird an privaten Ausbildungsstätten mit der guten Vernetzung in die Industrie geworben. Hat auch die h_da Verbindungen, um die Vermittlung ihrer Absolventen zu verbessern?

Ja, die Aufzählungen würden den Rahmen sprengen.

Würden Sie die öffentlichen Mittel im Hinblick auf die technische Ausstattung der h_da als ausreichend bezeichnen?

Hier besteht, auch angesichts der steigenden Studierendenzahlen, deutlich Handlungsbedarf. Ich hoffe, dass wir hier zeitnah weiter kommen.

Bewerten Sie Ihren Studiengang mehr als praktische Ausbildung oder als wissenschaftliche Hochschullehre?

Wir versuchen, beides gleichberechtigt zu verbinden und in Einem immer den Nutzen für das Andere zu sehen.

Wo sehen Sie die Zukunft dieses Ausbildungsfeldes?

Überall, wo Audio produziert und verwendet wird, und das ist überall in der digitalen Welt.

Was bedeutet Musik einmal für Sie persönlich, vor allem aber auch gesamtgesellschaftlich? Ergibt sich daraus die Rechtfertigung für ein staatlich initiiertes Studienprogramm?

Musik ist erst einmal eine ganz grundlegende Ausdrucksform menschlichen Denkens und Empfindens. Diese Sprache lernen zu dürfen, sollte eigentlich ein Grundrecht in jedem entwickelten Land und ein wesentlicher Bestandteil eines jeden Bildungssystems sein. Für mich ist Musik – besonders (aber nicht nur) die so genannte »klassische Musik« – ein wesentlicher Teil meines kulturellen und gesellschaftlichen Hintergrundes. Den Reichtum dieser Kunst, ihre Schönheit und ihre Relevanz für unser Leben immer neu zu entdecken und diese Entdeckungen anderen mitzuteilen, ist mir ein wesentliches Anliegen.

Vielen Dank, Herr Prof. Bergfeld, für Ihre Zeit und die offene Beantwortung unserer Fragen.

Es gibt Vor- und Nachteile – im privaten, wie auch staatlichen Sektor

Die staatlich geleitete, hochschulische Ausbildung ist dem privaten Sektor in nichts unterlegen, offeriert aufgrund der fachlichen Strukturierung und ressourcenbezogenen Kalkulierbarkeit eventuell sogar das ein oder andere Privileg (Stichwort: didaktische Unabhängigkeit von ökonomischen Faktoren). Welche Vor- und Nachteile einem jeden Bewerber gewichtiger erscheinen, kann von hier aus nicht bewertet werden.

Die Hochschule Darmstadt bildet ihre Studierenden in einem breiten Feld sowohl inhaltlich wie praktisch, jedoch auch (partiell) interdisziplinär aus, sodass sich in der späteren Berufswahl eine starre Fokussierung auf die reine Musikproduktion nicht zwingend ergeben muss. Und, wie es Herr Professor Bergfeld bereits treffender nicht hätte formulieren können: »Gute Leute werden immer gebraucht. Man muss eben gut sein.«

Passend dazu: Musikproduktion als staatliches Studium »

Bewerber und Interessenten sollen sich jedenfalls ihrer beruflichen Ambitionen recht sicher sein, denn auch wenn es sich um ein hoch kreatives Lehr- und Lernfeld handelt, präsentiert ein solches Studium ein umfassendes, zeitintensives grundständiges Hochschulprogramm, welches mit entsprechender Muße und Ernsthaftigkeit angegangen werden sollte; ganz getreu Ludwig van Beethovens Motto »Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie«.

Alle Informationen zum Studiengang »Sound and Music Production« findest du hier

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