Die Zukunft der Sound-Engineers – Zu Gast im Abbey Road Institute Berlin

Abbey Road Institute Berlin
Das analoge Studio im Abbey Road Institute Berlin

Alexander Schölzel Von Alexander Schölzel am 08. Dezember 2017

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»Schön habt ihr´s hier«

Im ersten Stock des Backsteingebäudes hat sich das Abbey Road Institute schön eingefunden. Hohe Decken, weite Räume und – ungewöhnlich für Studioumgebungen – viel Tageslicht. »In welche Richtung die Reportage gehen soll«, fragt mich Institutsleiter Malik.

Nachdem ich ihm den Arbeitstitel »Zukunft der Sound-Engineers« nenne, kommt prompt eine Antwort, die mich – so nehme ich an – zunächst sichtlich verwirrend dreinblicken ließ. »Reine Sound-Engineers bilden wir nicht aus. So etwas braucht der Markt fast gar nicht mehr. Hier geht es um viel mehr.« Nach und nach werde ich herausfinden, welche Philosophie sich hinter der Ausbildung des Abbey Road Institutes verbirgt.

Jemandem Musik über das iPhone vorzuspielen, ist verboten

Was ich während meines Aufenthalts am Abbey Road Institute Berlin kennengelernt habe, ist in erster Linie die Vielseitigkeit dieser Ausbildung. Mitnichten werden hier nur reine Techniker ausgebildet. »Vielmehr geht es darum, Musikern beizubringen, auf ihrem Weg ins Musikgeschäft die Schilder richtig lesen zu können«, verrät mir Malik Al-Badri. Das umfassende Gesamtpaket macht letztlich den aus, der am Ende versteht, sich und sein Produkt – ein Musikprodukt – richtig zu produzieren und erfolgreich am Markt platzieren zu können. Und zwar vollumfänglich.


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»Warum muss ich wissen, wie eine gute Lötstelle aussieht?«

Momentan kommen 30 Studenten in den Genuss der 12- oder 24-monatigen Ausbildung in der Hauptstadt, die aufgeteilt in drei Terms einen straffen Verlauf nimmt. Der Unterricht wird in Englisch gehalten. Generell wird, angesichts der Internationalität der Studenten, fast ausschließlich Englisch gesprochen. Institutsleiter Malik betont, dass der zeitliche Aufwand für Unterricht und praktisches Arbeiten – das Lernen insgesamt sehr hoch ist.

Die Kernaussage lautet: Volle Konzentration auf die Ausbildung. »Einen Job nebenher kann man sich gar nicht erlauben«, lässt er durchschwingen. Das Abbey Road Institute legt großen Wert auf den Erfolg ihrer Absolventen. Ein Aspekt, den man nur durch harte Arbeit, viel Willen und noch mehr Leidenschaft erreicht. Professionalität wird von Anfang an großgeschrieben: Einem Kommilitonen etwas über iPhone-Lautsprecher vorzuspielen, ist kaum denkbar.

Der Sound-Engineer – Mehr als nur eine technische Ausbildung

Jedem Studenten soll klargemacht werden, worauf es im späteren Job ankommt: Auf alles vorbereitet sein, sich nicht an Kleinigkeiten aufhalten zu müssen. Dazu gehört auch zu wissen, wie eine gute Lötstelle auszusehen hat, oder wie unterschiedliche »Brumm-Typen« zuzuordnen und zu identifizieren sind. Ist das ein brummendes Netzteil? Ein Kabelbrummen infolge elektromagnetischer Einstreuung? Brummt der Gitarren-Amp wegen eines Erdungsfehlers?

Abbey Road Institute Berlin
Ein typischer Classroom mit hochwertiger Ausstattung – die 27″ iMac´s gehören zum Standard

Auch kommunikative Fähigkeiten werden geübt, etwa der professionelle Umgang von Produzent und Musikern im Studio. Es sind viele, viele Kleinigkeiten, die in der Summe die professionelle Darstellung eines Musikproduzenten ausmachen. Einige Studenten zeigen sich überrascht ob der thematischen Breite der Ausbildung.

Infos zum Lehrplan

Der Lehrplan unterscheidet drei Hauptbereiche:

  • Music Theory and Production
  • Sound Engineering and Acoustics
  • Management and Business

Das Abbey Road Institute arbeitet nach dem Prinzip des Progressive Continuous Learning (PCL), bei dem Themen in kleinere Gebiete aufgeteilt und diese schrittweise und in logischer Reihenfolge vermittelt werden. Theorie und Praxis sind direkt miteinander verzahnt.

Die Ausbildung zum Sound Engineer schließt mit dem „Advanced Diploma in Music Production and Sound Engineering“ ab.

Mehr Infos zu Lehrplan, Methodik und Ausstattung findest Du in unserer Reportage zum Abbey Road Institute.

Ausstattung auf höchstem Niveau

Auf einem Rundgang zeigt Malik mir die Räumlichkeiten. Der Komplex teilt sich in zwei durch ein Treppenhaus getrennte Bereiche. Auf der einen Seite Classrooms, Lounges und ein erstes kleines Studio, die Production-Booth. Die andere Seite geht ins Eingemachte und zeigt deutlich die hohen Anforderungen des Abbey Road Institutes.

Drei Studios und zwei Aufnahmeräume befinden sich hier. Auffällig im gesamten Sektor sind die lichtdurchfluteten Regieräume – ein Umstand, der das Arbeiten angenehm gestaltet. Studio One glänzt mit analoger Ausstattung, die zu Beginn des Studiums das Leuchten in die Augen bringt, es am Ende der Ausbildung zu verstehen gilt.

Abbey Road Institute Berlin
Studio Three: Tegeler Audio VariTube, Moog Sub 37 Tribute Edition, B&WD 800 Diamond, um nur einen Teil der Ausstattung zu nennen

An der Wand lehnt ein großer Signalflussplan der analogen API-Konsole. Jeder Student weiß ihn nach erfolgreichem Studium zu deuten. Als ich mich ein paar Schritte zurück bewege, um ein Foto zu machen, geht ein schneller prüfender Blick von Malik aus. »Warte kurz!«, sagt er und rückt noch schnell den großen Bildschirm an der Wand zurecht.

Deutlicher kann ein Bild kaum sprechen: So positiv detailverliebt zeigt sich auch der Umgang zwischen Dozenten und Studenten. Man geht diszipliniert miteinander um und möchte das Beste aus jedem herausholen, der später einmal den Namen Abbey Road nach außen transportieren wird. Lächelnd mache ich schließlich mein Foto.

Es ist am einfachsten, wenn Du musikalisch top bist

Werden sie noch benötigt, die reinen Sound-Engineers? Die Menschen, die hinterm Pult die Regler unter Kontrolle haben sowie technisch hoch geschult sind. Um die Ausbildung am Abbey Road Institute durchziehen zu können, muss jeder seine musikalische Richtung kennen, alle technischen und geschäftlichen Aspekte erlernen und sich in der Gesamtheit voranbringen wollen. Auf dem Weg erhalten die Studenten am Abbey Road Institute jede Menge Support. Es herrscht eine rege Feedback-Kultur. Theoretischen Unterrichtseinheiten folgt die praktische Übung zur Festigung. Dabei geben die Lehrer einen erstklassigen Coaching-Support und wichtige Anregungen.

Wer eine professionelle Meinung zu seinem Mixdown haben möchte – gerade auch außerhalb einer regulären Bewertung – erhält hier kostbare Ratschläge und wegweisende Tipps. »Support heißt hier halt nicht nur, dass es für jeden einen Rechner gibt, an dem er arbeiten kann, sondern dass der Coach jemand ist, der motiviert«, erklärt mir Malik.

Bestens vorbereitet auf die Berufswelt

Eine typische Abschlussarbeit am Abbey Road Institute verdeutlicht die Zielstrategie der Ausbildung: Ein musikalisches Projekt, ein »Musikprodukt«, wird präsentiert. Musiker, mit denen man zusammengearbeitet, Produzenten, an denen man sich klanglich orientiert hat, Aufnahmen, Mixing, Mastering – alles wichtige Aspekte. Es geht um die Gesamtheit des Projekts. Ein Businessplan gehört ebenso zum Lehrplan. Klanglich, kompositorisch, aber wieder mal umso mehr auch geschäftlich überzeugen – darum geht es.

Abbey Road Institute Berlin
Im Eingangsbereich lädt ein Lounge-Bereich zum Verweilen ein

Die Übergabe der Diplome findet in den Abbey Road Studios London statt. Der Aufenthalt dort ist kombiniert mit einem Workshop in einem der Studios, in denen unter anderen Beatles, Radiohead, Oasis und das London Symphony Orchestra aufgenommen haben. Mit all ihren Tücken und Schwierigkeiten erleben die Lehrlinge hier, was es heißt, in einem meisterhaften Environment zu arbeiten. »Diese zwei Tage in London sind ein fulminanter Abschluss und stets das Highlight der Ausbildung.« betont Malik.

Die anfangs ausgehende Frage nach der Zukunft der Sound-Engineers kann nur schwer beantwortet werden. Reine Engineers oder Tontechniker werden nur noch selten gebraucht. Kaum ein Studio leistet sich noch den Luxus. Aber es gibt Chancen in anderen Bereichen. »Mittlerweile gibt es viele Bereiche – insbesondere in den neuen Medien – in denen Arbeitsplätze entstehen. So arbeitet einer unserer Absolventen mittlerweile an der Weiterentwicklung einer Musik-App mit. « nennt Malik Al Badri ein Beispiel.

Diese Aussage macht deutlich, worum es in heutigen Zeiten geht, wenn man sich entscheidet, eine Ausbildung, wie die am Abbey Road Institute zu absolvieren. Der Markt verlangt zunehmend Allround-Talente, die wissen, wie man eine musikalische Idee – eigenständig – von der Skizze bis zum fertigen Produkt umsetzt und gewinnbringend vermarktet.

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Lernen, sich zu behaupten

So liegt es – wie so oft und wenig überraschend – an einem selbst, was man aus einer Ausbildung am Abbey Road Institute macht. Du bist bereit, die Schilder richtig zu lesen, Du hast dein Handwerk erlernt, Du konntest erste Eindrücke aus der Industrie mitnehmen. Doch bleibt es ein weiter Weg, auf dem es sich zu behaupten gilt.

Malik erzählt mir von einem weiteren Absolventen, der eine heiß begehrte Stelle beim angesagten Mastering Engineer Sascha »Busy« Bühren antreten und erste Erfahrungen mit rappenden »Diven« aus den Staaten sammeln durfte. »Denen ist nicht immer klar, dass sie nicht einfach so ihre Rhymes über ein Sample spitten können. Vielen ist die harte und oftmals langwierige Arbeit dahinter nicht bewusst. Das gilt es dann erst einmal zu vermitteln.«

Sich behaupten. Darum wird es immer wieder gehen. Das Abbey Road Institute als Bildungsstätte gibt dir viel Selbstvertrauen, um mit etlichen Unwegsamkeiten zurechtzukommen. Du und dein Können bleiben stets gefordert und gefragt.

Standorte in Deutschland

Berlin:
Salzufer 15-16 Haus B
10587 Berlin
+49 (0)30 12089728
berlin@abbeyroadinstitute.com

Frankfurt
Hanauer Landstraße 172
60314 Frankfurt am Main
+49 (0)69 34876681
frankfurt@abbeyroadinstitute.com

Die Kurse starten jeweils im März und September (Vollzeit) und im April (Teilzeit).

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