Knackser in Audiomaterial entfernen
In einfachen Worten
Von Jakob Rosemann
Clicks & Knackser in Audio entfernen
So ziemlich jeder Mixing und Mastering Engineer dürfte in seiner Laufbahn schon einmal an Audiomaterial gearbeitet haben, das durch unschöne Knackser oder andere unangenehme Störgeräusche verziert wurde. Eine grundlegende Aufgabe bei der Audiobearbeitung ist es daher, das angelieferte Audiomaterial aufmerksam auf Fehler zu untersuchen und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen.
Was sind Clicks & Knackser?
Die meisten Störgeräusche haben die unangenehme Eigenschaft, sich permanent durch einzelne Spuren oder ganze Songs hindurchzuziehen und das Hören somit nachhaltig zum Negativen zu verändern. Dies betrifft beispielsweise tieffrequentes Netzbrummen, hochfrequentes Surren von Lampen oder auch relativ lautes Grundrauschen in missglückten Aufnahmen.
Bei sogenannten „Clicks“ handelt es sich hingegen um kurzfristig und unregelmäßig auftretende, deutlich hörbare Störimpulse. Ihre Amplitude ist oftmals so hoch, dass sie das Nutzsignal für wenige Millisekunden überlagern. Treten mehrere Clicks direkt hintereinander auf, spricht man von Knacksern.
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Beide Phänomene sind in der Wellenformdarstellung der betroffenen Spur deutlich erkennen.
Warum sind Clicks und Knackser schlecht?
Da jede Bearbeitung von Audiomaterial weitere Fehler nach sich ziehen kann, gilt es für dich, die Beseitigung von Störungen genau abzuwägen. In der Regel sind kurzfristige Impulse unauffälliger als permanente Geräuschteppiche. Viele Störgeräusche sind im Solo-Modus eindeutig zu hören, gehen aber im Zusammenspiel mit den anderen Spuren des Projekts völlig unter. In einem solchen Fall ust eine Bearbeitung womöglich unnötig und reine Zeitverschwendung.
Clicks und Knackser sind dann zu eliminieren, wenn sie deutlich vernehmbar sind und vor allem störend auffallen. Anders gesprochen: Wenn sie keinerlei Gewinn für den Song oder das Instrument darstellen.
Kritisch werden Clicks spätestens dann, wenn sie das Nutzsignal stark überlagern und dieses einer Dynamikbearbeitung unterworfen werden soll. In diesem Fall wird der eingesetzte Kompressor oder Limiter während der Impulse wesentlich stärker reagieren, als davor oder danach. Wird das Nutzsignal durch diese Dynamikbegrenzung hörbar im Pegel reduziert, kommen die Optionen eines „De-Clicking“ ins Spiel.
Ursachen
Die möglichen Auslöser von temporären Störimpulsen sind vielfältig. Man könnte die Gattung der Clicks und Knackser in natürliche und unnatürliche Geräuschquellen einteilen:
1. Natürliche Knackgeräusche
Zu den natürlichen Störungen zählen beispielsweise die Spucke- und Zungengeräusche eines Sängers oder zu laut aufgenommene Klappengeräusche bei Blasinstrumenten. Sie werden von der aufzunehmenden Klangquelle VOR dem Mikrofon verursacht und gehören in gewissem Maße zu ihrem charakteristischen Sound. Oftmals empfiehlt es sich bei dieser Art von Geräusch, nur seinen Pegel zu reduzieren.
2. Unnatürliche Knackgeräusche
Unnatürliche Störungen entstehen erst durch die verarbeitende Signalkette HINTER dem Mikrofon. In der Arbeit mit digitalen Medien besteht die Gefahr, das sich technische Fehler wie Gleichspannungsversatz (DC-Offset), Clicks, Glitches, Dropouts und kurzfristiger Stille einschleichen.
Auch bei Brenn- und Synchronisationsvorgängen oder beim Mixdown können sich durch Hänger des Rechners Fehlerquellen in das bis dato einwandfreie Audiomaterial hineinschreiben. Die fortschreitende Technik wird zwar zunehmend stabiler – Fehler dieser Art treten heute nur noch selten auf. Dennoch solltest Du in den verschiedenen Stufen deiner Produktion immer mal wieder kritisch zuhören und prüfen, ob alles noch so klingt, wie es sollte.
Selbst im analogen Umfeld schleichen sich Fehlerquellen ein: zum Beispiel durch oxidierte Anschlüsse von Geräten, defekte Kabelverbindungen oder beschädigte bzw. verunreinigte analoge Datenträger.
3. Menschlich verursachte Knackgeräusche
Unaufmerksam durchgeführte Editing-Arbeiten können ebenfalls zu unschönen Störgeräuschen führen. Edits mit dem Scherenwerkzeug verursachen click-artige Sounds, wenn nicht sauber durch einen Wellennullpunkt geschnitten wurde. Diese Störungen sind handgemacht und können nicht an der ursprünglichen Wellenform der editierten Spur abgelesen werden, solange diese nicht neu berechnet wird.
Wie man Clicks und Knackser verhindert
Um das Risiko von Fehlerquellen im digitalen und analogen Bereich zu minimieren, solltest Du auf folgende Dinge achten:
- ein hochwertiges Audio Interface und generell gutes Equipment
- einen stabilen und schnellen Rechner
- angemessene Buffer- und Latenz-Zeiten des Audio Interfaces (hohe Werte eignen sich besonders zur Bearbeitung von Audio und für den Mixdown, während sich geringe Werte besser für Produktion, Komposition und Aufnahme anbieten)
- einwandfreie, hochwertige Kabel
- die Entfernung von Gleichspannungsversatz (DC-Offset), wenn dieser mehr als 0,5 % beträgt (da das Abspielen dieser sogenannten Gleichstromsignale oftmals zu einem automatischen Knacken am Anfang und Ende des Abspielens führt)
- Edits mit Schnittwerkzeugen nur an Nulldurchläufen von Wellenformen durchführen (die meisten DAWs können dies automatisieren)
- Sprecher/Rapper/Sänger bei der Aufnahme ein Glas Wasser bereitstellen, damit sie bei Bedarf dem trockenen Mund entgegenwirken können
Clicks & Knackser entfernen
Hast Du erst einmal einen Click lokalisiert, bieten sich dir mehrere Möglichkeiten, diesem zu Leibe zu rücken. Sie alle kommen mit Vor- und Nachteilen – ihre Eignung hängt meist davon ab, ob Du es mit Sprache, einem Instrument oder einem ganzen Mix zu tun hast. Relevant ist auch, wo genau das Störgeräusch auftritt.
1. Automation von EQ und/oder Kompressor
Ein Blick auf den Analyzer verrät, wenn der hörbare Click in einem (oder mehreren) schmalen Frequenzrahmen stattfindet. Dann kannst Du zum Equalizer greifen und diesen so automatisieren, dass er nur kurzfristig den problematischen Frequenzbereich schmalbandig herauszieht. Auch der Einsatz eines Kompressors oder Limiters kann helfen, das Auftreten des Peaks in der Wahrnehmung herunter zu regeln.
Vollständig eliminieren lassen sich Clicks und Knackser mit dieser Technik nicht, doch für ein paar vereinzelt auftretende natürliche Knackgeräusche ist dieses Vorgehen durchaus eine veritable Option, um den Pegel zu verringern.
Tipp: Nach dem Absenken der Störgeräusche müssen die Plugins durch Automation wieder inaktiv geschaltet werden.
2. Software-Lösungen
Sogenannte „De-Clicker“ Plugins wie der X-Click von Waves erkennen und entfernen kurze, steile Amplitudensprünge im Audiosignal. Jeder Hersteller nutzt dabei sein eigenes Verfahren, das in der Regel auf physikalischen Prinzipien beruht.
Oftmals werden die steilflankigen Signalauslenkungen von den Plugins in eine virtuelle Sidechain geleitet und dem Originalsignal phasengedreht wieder beigemischt, so dass sich die gegenphasigen Störimpulse gegenseitig auslöschen.
De-Clicker Plugins arbeiten für eine bessere Analyse des Audiomaterials in der Regel mit einem zeitlichen Vorlauf (Lookahead). Die Gefahr bei der Nutzung solcher Plugins liegt darin, das Nutzsignal ebenfalls in Mitleidenschaft zu ziehen. Dies gilt insbesondere für perkussives Material, da dessen Signalspitzen der unerwünschten Clicks sehr ähnlich sind.
Die Arbeitsschwelle (Threshold) von De-Clickern solltest Du daher so einstellen, dass das Nutzsignal ungehindert passiert und tatsächlich nur dem Click zu Leibe gerückt wird. Diese Art von Plugins liefern nur dann gute Ergebnisse, wenn die Störimpulse das Nutzsignal deutlich überlagern.
Tipp: In der Regel können Plugins manuelle Eingriffe nicht ersetzen. Sie stellen vielmehr eine Notlösung dar, um schnelle Ergebnisse zu erzielen.
3. Audio schneiden
Insbesondere bei freistehenden Störgeräuschen eignet sich das Scherenwerkzeug zur Problembehebung. Wichtig bei der Arbeit mit der Schere ist, dass an Nulldurchläufen der Wellenform geschnitten wird. Wahlweise können im Nachhinein Fades am Nutzsignal gesetzt werden, damit nicht neue Knackgeräusche entstehen.
Tipp: Wird der Clip gelöscht, sollte die Lücke mit einem Stück Aufnahme von Stille (Sprechpause) gefüllt werden. Die digitale Stille wirkt sonst auffällig künstlich.
4. Audio-Effekte: Stille oder Gain
Eine ähnliche, aber noch schnellere Lösung ergibt sich durch das Einrechnen von Audio-Effekten in Spuren. Zunächst wird der Click oder Knackser innerhalb der Spur markiert. Dann wird der Audio-Effekt „Stille“ ausgewählt oder für ein natürlicheres Ergebnis die Lautstärke über „Gain“ um beliebig viele Dezibel verringert.
5. Stiftwerkzeug
Anstatt Clicks auszuschneiden, still zu schalten oder im Pegel zu verringern, kannst Du sie in vielen Fällen einfach aus dem Audiomaterial herausmalen. Dieses Vorgehen bietet sich vor allem dann an, wenn die Knackser nicht freistehen, sondern inmitten eines Tons oder Wortes zu hören sind.
Diese Art von Clicks ausfindig zu machen, ist manchmal gar nicht so einfach. In der Regel brechen sie optisch als gezackte Amplitudensprünge aus dem Verlauf einer Wellenformdarstellung aus (siehe nachfolgendes Bild).
In Cubase ist das Scrubbing-Tool eine gute Hilfe, um über den problematischen Bereich vor- und zurückzufahren, bis die exakte Position gefunden wurde. Zum Anwählen des Stiftwerkzeugs wechselst Du in den Wave-Editor. Male dort die ursprüngliche Wellenform ab kurz vor dem Störimpuls nach und verlängere die Wellenform so, als wäre der Click/Knackser nicht da.
Tipp: Dieses Vorgehen solltest Du vor allem bei Monosignalen anwenden, da bei Stereospuren schnell ungewünschte Nebeneffekte auftreten können – insbesondere, wenn der linke und der rechte Kanal nicht identisch bzw. gleichzeitig bearbeitet werden können.
6. Material kopieren und aufziehen
Bei Stereospuren und bei Instrumenten, die inmitten eines Tons oder Akkords einen Click aufweisen, ist es oft sehr effizient, das Störgeräusch durch eine wenige Millisekunden lange Kopie des umliegenden Audiomaterials zu ersetzen und die Schnittstellen mit Crossfades unhörbar zu verschmelzen:
7. Spectral Cleaning
Ein mächtiges Tool zur Eliminierung von Clicks und Knacksern bietet sich Dir zudem im sogenannten Spectral Cleaning. Dieses Verfahren arbeitet mit einer spektrumbezogenen Interpolation des Audiomaterials. Ähnlich der Retuschearbeit eines Bildbearbeitungsprogramms wird eine Störung erst lokalisiert und entfernt, danach die entstandene Lücke durch Hinzurechnen von Frequenzbestandteilen gefüllt.
Die Mastering-Software Wavelab hat ein derartiges Tool im Werkzeugkasten. Hier werden Frequenzanteile auf der Vertikalen dargestellt, lange Töne auf der Horizontalen. Störimpulse lassen sich meist als deutlich hervortretende vertikale Linien ausmachen und dadurch wie folgt ersetzen.
Fazit
Sowohl beim Arbeiten mit digitalen als auch analogen Komponenten können sich durch verschiedenste Vorgänge ungewünschte Störquellen in Aufnahmen einschleichen. Ob eine Beseitigung wirklich notwendig ist, solltest Du stets individuell und im Zusammenspiel mit allen weiteren akustischen Elementen entscheiden.
In der Regel ist die manuelle Bearbeitung von Clicks und Knacksern effektiver als der Einsatz von teuren Software-Lösungen, da diese das Nutzsignal oft zu stark in Mitleidenschaft ziehen. Mit ein wenig Erfahrung wird es dir leichter fallen, dich schneller und intuitiver für die in deinen Augen geeignetste Technik zur Entfernung von Störgeräuschen zu entscheiden.
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