Gesang bearbeiten
Die besten Tipps für natürliche Vocals
Von Carlos San Segundo am 14. März 2017
Die Tricks beim Gesang bearbeiten
Genau wie erwähnten Artikel geht es auch hier darum, bei der Bearbeitung von Gesang und Rap-Vocals den natürlichen Klang der Worte und Stimme zu bewahren. Bei keinem anderen »Instrument« fallen uns Abweichungen von der Norm so sehr auf wie bei den Vocals – so sehr sind wir darauf getrimmt, menschliche Stimmen zu hören und in einen Kontext zu setzen.
Also gut, deine Aufnahme ist im Kasten und nun willst Du die Stimme von Sängerin oder Sänger X so gut wie möglich in deinen Mix integrieren. Bevor Du jedoch irgendwelche Effekte zur Hand nimmst (z.B. beim Vocals bearbeiten per EQ & Co.), solltest Du zunächst die aus deiner Gesangsaufnahme entstandenen Audioclips unter die Lupe nehmen und editieren. Steigen wir ein …
Atemgeräusche entfernen beim Vocal Editing
Fangen wir mit dem Atem an. Wenn es um die Atemgeräusche zwischen den musikalischen Phrasen geht, teilen sich die Meinungen unter (semi-)professionellen Produzenten. Die einen bestehen auf einen zu 100% natürlichen Klang und belassen das Atmen (größtenteils) in der Gesangsaufnahme. Die anderen halten es genau umgekehrt und entfernen die Atemgeräusche lieber gleich komplett.
PASSEND DAZU
- Gesang abmischen: 5 elementare Frequenzen für gute Vocals
- Vocal Editing Video Tutorial: Vocals für das Abmischen vorbereiten
- Vocals bearbeiten: Gesang fetter machen mit 20ms Delay
- Gesangsaufnahme: Tipps & Techniken(Video Tutorial powered by SAE)
- Gesang aufnehmen und bearbeiten: Für natürliche, professionelle Vocals
Was richtig oder falsch ist, musst Du für dich und deinen Song oder dein Musikgenre selbst herausfinden. Einerseits kann eine Aufnahme, die gar keine Atemgeräusche hat, unnatürlich sauber und geradezu klinisch klingen. Andererseits können die Atmer beim späteren Komprimieren von Gesang extrem laut (und störend) wirken.
Tipp: Lass das Atmen am Anfang einer Strophe, eines Chorus‘ oder einer Bridge einfach stehen. Sie läuten gewissermaßen den jeweiligen Part ein – auf natürliche Art und Weise. Lediglich durch das Entfernen der restlichen Atemgeräusche im jeweiligen Part »bereinigst« Du die Gesangsaufnahme. Ein guter Kompromiss in meinen Ohren.
Konsonanten erhalten bei der Bearbeitung von Vocals
Der große Vorteil beim manuellen Bearbeiten auf der Eben des Audioevents (des Clips): Du kannst sehr detailliert zu Werke gehen. Gerade wenn es um Konsonanten am Ende eines Wortes geht, verschluckt ein unsauber eingestelltes Noise Gate diese und führt damit zu einer schlechteren Verständlichkeit des betreffenden Worts. Beim manuellen Bearbeiten kannst Du hingegen sehr gezielt die Spreu vom Weizen trennen.
Zum Beispiel in diesem Fall:
Hier kannst Du das Ende eines Wortes sehen, das mit einem deutlich ausgesprochenen »T« endet. Direkt danach befindet sich ein Störgeräusch, das sich fast wie ein Klick anhört und wahrscheinlich vom Kopfhörer oder einem Kleidungsstück kommt. DAS kannst Du entfernen, wohingegen das »T« bewahrt werden muss.
Bei manueller Bearbeitung können wir das »T« vom Klick trennen, obwohl beide ähnlich laut sind und damit wirklich nur den wichtigen Teil des Vocals behalten. Das Ergebnis meiner Bearbeitung sieht dann folgendermaßen aus:
Timing verbessern beim Vocals bearbeiten
Manchmal sind Sänger und MCs nicht so richtig »tight« und »auf dem Beat«. An manchen Stellen scheinen sie vor dem Takt zu sein, während sie an anderer Stelle etwas zu spät dran sind. Hier hilft genaues Hinhören, um die Problemzonen zu identifizieren. Danach geht es an das Korrigieren des Timings – natürlich manuell.
Im besten Fall liegt der Sänger konstant vor oder nach dem Takt und eine Bearbeitung kann dann mit einem einfachen Verschieben des betroffenen Parts erfolgen.
Lausche im Zusammenhang der Spuren!
Ganz wichtig ist das Hören im Kontext, um festzustellen, ob der Groove erhalten bleibt, besser wird oder gar schlechter. Dazu empfehle ich dir nicht nur das kleine Stück anzuhören, das Du gerade verschoben hast, sondern am besten die ganze Strophe – zumindest aber einen größeren Teil, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Wenn Du also das Timing der Vocals bearbeiten willst, kannst Du zunächst mit einem Raster (englisch: »Grid«) von 64stel-Noten anfangen. Wenn das immer noch zu große Schritte sind, kannst Du das Raster einfach deaktivieren.
Tempoänderungen in den Griff bekommen
Manchmal ändert sich das Tempo eines Sängers oder MCs beim Recording. Diese Bearbeitung gestaltet sich etwas schwieriger, aber lange nicht unlösbar. Viele DAWs bieten heutzutage Funktionen wie zum Beispiel »Audio Warp« bei Cubase 9 [Testbericht] – damit kannst Du das Timing von Audioclips flexibel und in der Regel unhörbar bzw. ohne spürbaren Qualitätsverlust ändern.
Natürlich gibt es auch einige Programme (und Plugins), die das Timing einer Gesangsaufnahme (oder einer beliebigen anderen Aufnahme) automatisch anpassen können. Die Ergebnisse liegen hierbei aber im Normalfall hinter den manuellen zurück, weswegen ich weiterhin die Bearbeitung von Hand empfehle.
Mit dem Audio Warp kannst Du die einzelnen Silben verlängern, verkürzen und verschieben, so dass spätes Timing nach vorne und frühes nach hinten korrigiert werden kann.
Manchmal liegen zwei ungenaue Timings so unglücklich nebeneinander, dass die Bearbeitung der Vocals zu einer Überlappung führen müsste. In dieser Situation bietet es sich an, den Audioclip zu zerteilen und mit einer zusätzlichen Verschiebung zu arbeiten.
Schlussgedanken zum Thema »Gesang bearbeiten«
Die Möglichkeiten der Bearbeitung in modernen DAWs und Musikprogrammen scheinen schier unendlich – vielleicht weil sie es sind. Gerne lässt man sich vom Perfektionismus verleiten, zu viele Edits zu machen, zu sauber und damit zu steril zu arbeiten. Schneller als Du vielleicht denkst, klingt eine Audiospur dann plötzlich leblos und hat nichts mehr vom Zauber der ursprünglichen Gesangsaufnahme.
Deswegen immer im Hinterkopf behalten: Vom Standpunkt eines Grooves aus ist mathematische Perfektion alles andere als musikalisch.
Jetzt bist Du gefragt!
»Den Gesang bearbeiten – mit Sinn und Verstand« … welche Tricks würdest Du unter diese Überschrift packen? Wie hast Du schon Stimme X bearbeiten können, ohne das Natürlichkeit, Verständlichkeit und stimmiges Timing auf dieser Audiospur leiden?
Wir sind sehr gespannt auf dein Feedback und freuen uns, wenn dir dieser Artikel ein paar Anregungen geliefert oder bereits zu einem bessern Ergebnis verholfen hat. :)