Die 10 häufigsten Fehler beim Gitarre aufnehmen und abmischen
Von Marius Schweitzer
Die 10 häufigsten Fehler beim Gitarre aufnehmen und abmischen
- Das richtige Mikrofon verwenden
Zum einen kann ich oft beobachten, wie Produzenten im Homerecording ihre besten Kondensatormikrofone zum Aufnehmen der E-Gitarre verwenden. Dabei muss das nicht einmal eine gute Lösung sein, denn einige der teuren Mikrofone sind alles andere als geeignet. Es geht einzig darum, das Frequenzspektrum des Gitarrenverstärkers aufzunehmen und da reicht schon ein so preiswertes Mikrofon wie das Shure SM57.
Zum anderen sind wir Menschen Gewohnheitstiere und neigen auch dazu, alte Gewohnheiten nicht mehr abzulegen. So habe ich mich selbst schon oft genug dabei erwischt, immer zum selben Mikrofon zu greifen, um die Gitarre aufzunehmen. Wirklich exzellente und spannende Lösungen erfordern aber mehr Einsatz, deswegen immer mal wieder alle Mikrofone durchtesten. Hin und wieder findet man eine neue Kombination, die super, neu und frisch klingt. - Den falschen Speaker aufnehmen
Viele Gitarrenverstärker haben mehr als eine Membran, die in der Regel alle baugleich sind. Das muss aber noch lange heissen, dass sie auch alle gleich klingen. Es ist nicht unüblich, dass die Speaker leicht unterschiedliche Lautstärken haben und nicht zuletzt der Raumakustik wegen auch unterschiedlich gut klingen.
Bei sehr moderater Lautstärke einfach mal das Ohr in Richtugn der unterschiedlichen Lautsprecher halten und dann den aufnehmen, der etwas heller und besser als die anderen klingt. Die Ergebnisse rechtfertigen den Aufwand allemal. - Immer nur auf die MItte ausrichten
Wir bleiben bei der Mikrofonierung der Gitarrenverstärker und fokussieren uns auf die Ausrichtung des Mikrofons zur Lautsprechermembran. Viele Produzenten geben sich damit zufrieden, das Mikrofon in die Mitte des Speakers zu stellen, am besten auch noch auf der Achse (on-axis). Das Ergebnis ist ein scharfer Klang mit wenig Bass, der nichtmal akkurat das wiedergibt, was der Gitarrenverstärker ausgibt.
Besser ist (zumeist) das Mikrofon etwas seitlich in Richtung Mitte zu neigen und prinzipiell einfach viel mit der Position zu experimentieren. Je näher man sich an der Mitte der Lautsprechermembran befindet, desto mehr Höhen und Mitten und vice versa je näher am Rand, desto mehr Bassanteil. - Alte Saiten beim Recording verwenden
Ausgelutschte Saiten klingen in einer Studioaufnahme wie ein lustloses Werbekind von Sanostol. Da hilft auch kein Equalizer und kein Kompressor mehr aus der Patsche. Neue Saiten sorgen für die nötige Frische in der Aufnahme, die Gitarre klingt heller, hat mehr Sustain und die Stimmung ist konsistenter. Deswegen lautet meine Empfehlung, die Saiten am Vorabend einer Recording-Session auszutauschen und etwas einspielen. Tauscht man die Saiten direkt vor der Gitarrenaufnahme aus, so wird man schnell Probleme mit der Stimmung bekommen. - Oft nachstimmen
Vor der Session die Gitarre stimmen» ist sicherlich eine großartige Idee. Aber es darf nicht dabei bleiben. Es dauert lediglich 30 Sekunden, die Stimmung der Klampfe zu überprüfen – und das ist doch auch sicherlich deiner Meinung nach ein kleiner Preis dafür zu verhindern, dass es das Gitarrensolo des Jahrhunderts nicht in die fertige Produktion schafft, weil die Gitarre verstimmt war, oder?
Besonders schlimm wirkt sich eine verstimmte Gitarre auf die Stimmung der Band aus – ich habe schon erlebt, dass der Flow und damit „die Magie“ wegen eines solchen Fehlers dahin war. - Nebengeräusche vermeiden
Pickups und insbesondere die offenen Varianten derselben (das sind die, bei denen man die runden Metallplättchen sehen kann) tendieren dazu, wesentlich mehr als nur das Schwingen der Gitarrensaiten aufzunehmen. Wer schon einmal eine Gitarre vor einem alten Computerbildschirm aufgenommen hat wird wissen, wovon ich spreche. Elektrische Störsignale können mitunter sehr laut werden und eine Aufnahme ruinieren.
Die Lösung ist für dieses Problem ist sehr einfach, da die Pickups der Gitarren direktional aufnehmen. Das heisst nichts anderes als, wenn Du dich vom Bildschirm wegdrehst, wird das Störsignal leiser. In der Praxis hat sich im Übrigen bewährt, nicht nur die Ohren, sondern auch die Peak-Meter zur Analyse von Nebengeräuschen und Störsignalen heranzuziehen. Der Grund: Ein Störsignal bei -50dB mag vielleicht mit dem Ohr nicht oder kaum wahrnehmbar sein, nach der Bearbeitung mit Kompressor und Equalizer kann es aber zu einem echten Problem werden. - Gitarre zu laut aufnehmen
Musik und E-Gitarre machen besonders viel Spass, wenn sie so richtig laut sind, keine Frage. Dazu kommt, dass viele Gitarrenverstärker erst ab einer gewissen Lautstärke so richtig gut klingen. Darüber hinaus aber macht es keinen Sinn, die Lautstärke weiter aufzudrehen. Je lauter der Amp, desto wahrscheinlicher, dass das Mikrofon die Lautstärke nur noch mit Verzerrungen quittiert und die Aufnahme der Gitarre damit unbrauchbar macht.
Dazu kommt noch, dass bei grossen Lautstärken der Raumanteil, der über die Mikrofone aufgenommen wird, überbetont wird und das eine suboptimale Raumakustik noch mehr zur Schau stellt. Und zu guter Letzt: Regale fangen an zu schwingen, Kaffeetassen klirren, usw. – alles Dinge, die man beim Gitarre aufnehmen am besten vermeidet. - Direktes und mikrofoniertes Signal zusammenmischen
Die rasante Entwicklung der Musiksoftware und der Gitarrenverstärker-Emulationen insbesondere haben dazu geführt, dass immer mehr Produzenten Gitarren sowohl direkt ins Mischpult sowie über Mikrofonierung vorhanderer Amps aufnehmen.
Beim Zusammenmischen beider Spuren vergessen die meisten allerdings, die Latenz der Spuren auszugleichen. Schall, der durch die Luft übertragen wird, braucht länger, um im Mikrofon anzukommen als das Signal, das über das Kabel im Mischpult ankommt. Wenn Du die Latenz beider Spuren angleichst, bekommst Du einen volleren Gitarrensound mit mehr Punch. - Monokompatibilität
Stereoeffekte auf der Gitarre können live richtig gut und spannend klingen. Der Nachteil von breiten Gitarrensounds ist nur, dass diese oftmals durch eine Umdrehung der Phase um 180° auf einem der Kanäle erzeugt werden. Im Tonstudio kommt es dann bei der Aufnahme zu Phasenauslöschungen, die man erst beim Monocheck hören kann- Diese Phasenauslöschungen können (und werden) den Klang der Gitarre schmälern oder stellenweise sogar ganz auslöschen. - Keine echten Dopplungen
Viele Produzenten sparen enorm viel Zeit bei der Aufnahme ihrer Musik, indem sie die Gitarren nicht mehrfach aufnehmen (lassen). Stattdessen greifen sie auf vorgefertigte Effekte aus dem Effektprozessor, die das eingehende Gitarrensignal doppeln, etwas verzögern und anschliessend verstimmen, um es etwas natürlicher klingen zu lassen.
Natürlich kannst Du hier eine Menge Zeit sparen. Aber nichts klingt so fett wie der Klang zweier unabhängig aufgenommener Gitarrenspuren, die rechts und links gepannt werden.
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Tipp: Amp Mikrofonierung/Gitarrenverstärker aufnehmen
Akustikgitarre aufnehmen
Nun, ich vermute Du hast, genau wie ich selbst, dich bei dem ein oder anderen Punkt wiedererkennen können. Die Verbesserung einiger dieser Punkte beim Gitarre aufnehmen erfordern aber mehr als nur das schiere Wissen um ihrer selbst. Da hilft nur ein gutes Mass an Experimentierfreude und Sitzfleisch bei der Aufnahme.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Umsetzung dieser Tipps für das Gitarre aufnehmen und würde mich über deinen Kommentar freuen, indem Du deine Tricks und Erfahrungen mit den anderen Lesern teilst.